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Beitrag vom 16.06.2005
Das Leben ist ein Wunder
Julia Rohrbeck
Eine Kriegstragödie, verrückt, optimistisch und niederschmetternd. Der Balkan dient grandiosen, lebensnahen SchauspielerInnen als Bühne für die Konfliktaustragung zwischen Liebe, Tod, Verzweiflung
Dass Emir Kusturica sich nicht davor scheut, heikle Themen auf die Leinwand zu bringen, ist bekannt. Wer "Time of the Gypsies" und "Underground" kennt, weiß um die Komik, mit der Kusturica, ein Meister der "unsichtbaren Architektur" Konflikte aufmischt und das Tragische verarbeitbar macht.
Doch so herrlich unbeschwert wie in "Schwarze Katze, weißer Kater" geht es im neuen Film nicht zu.
Ein Kurzabriss: Bosnien, 1992. Luka, ein serbischer Ingenieur aus Belgrad, hat sich mit seiner Familie im Niemandsland niedergelassen. Dort ist er für den Bau einer Eisenbahn verantwortlich, die der Region TouristInnen und einen guten Ruf bescheren soll.
Doch weder seine Frau Jadranka, noch ihr gemeinsamer Sohn Milos können sich von Lukas Arbeitsversunkenheit und seinem Optimismus anstecken lassen. Jadranka, unglückliche Opernsängerin, unterstützt Milos, der sich eine Fußballer-Karriere bei Partisan Belgrad erträumt.
Als der Krieg heraufzieht, bricht die Familie auseinander. Milos muss in die Armee und Jadranka macht sich mit einem ungarischen Musiker auf und davon. Luka, der nicht glauben will, dass der Krieg ausgebrochen ist, wird zum Einzelgänger und vertieft sich demonstrativ in seine Arbeit. Eines Tages wird ihm Sabaha, eine junge muslimische Frau, als Geisel übergeben, die gegen Milos, inzwischen in Kriegsgefangenschaft, ausgetauscht werden soll.
Luka, feinfühlig und ehrlich, würde niemals einen Menschen als Geisel nehmen, aber die Entscheidung haben andere für ihn getroffen. Sabaha fühlt sich sichtlich wohl bei ihrem individualistischen, unfreiwilligen Gastgeber, der nichts mit den anderen Männern gemeinsam hat, die triebhaft hinter ihrer jugendlichen Schönheit her sind. Luka schließt die temperamentvolle Sabaha in sein Herz und will doch seine Gefühle nicht wahrhaben. Aber die Liebe lässt keinen Aufschub zu, denn auch Sabaha fühlt sich zu Luka hingezogen...
"Das Leben ist ein Wunder" ist voll von skurrilen Situationen, in die Mensch und Tier geraten können. Trotz der Ironie, mit der Kusturica die Dinge betrachtet, schwingt ordentlich Kritik am Krieg und der Rolle der Medien mit.
Kusturica, der sich stark mit seinem Helden Luka identifiziert, fügt hinzu: "Mit "life is a miracle" wollte ich versuchen, das Unterschiedliche zu verknüpfen. Es gibt einige Kriegsszenen, die aber nur wie Blitze auftauchen. Sie skizzieren den Zusammenhang und Hintergrund der Geschichte und verstärken auch die sehr schwierigen intimen Szenen. Wenn Sie darauf aus sind, von einem breiten Publikum verstanden zu werden und dabei trotzdem die Seele des Films intakt halten wollen, ist das ein gewaltiger Balanceakt. Eine zu große Öffnung in Richtung des Publikums bedeutet, dass die organischen, substantiellen Werte verloren gehen, die erst bewirken, sich mit den Personen des Films identifizieren zu können. Heute scheint es mir, wir kehren zurück zu den Zeiten der Römer, als die Arena des Colosseums eine einzige Blutlache war. Zumindest kommt mir das aktuelle Kino so vor, oder sagen wir, das Kino der idiotischen Konflikte, die vom Fernsehen diktiert werden."
AVIVA-Tipp:
Kusturica setzt Akzente mit seinem traurig optimistischen Film. Lohnenswert ist außerdem wieder einmal die Filmmusik (vom Regisseur selbst und den No Smoking Orchestra-Kollegen komponiert)! It`s Unza-Unza time!
Das Leben ist ein Wunder
Life is a miracle
Regie: Emir Kusturica
DarstellerInnen: Slavko Stimac, Natasa Solak, Vesna Trivalic, Vuk Kostic, Aleksandar Bercek, Stribor Kusturica, Nikola Kojo, Mirjana Karanovic uva.
Länge: 154 min
Verleih: Concorde Filmverleih GmbH
Kinostart: 16.06.2005
www.lifeisamiracle-themovie.com